Newsletter vom 31. Juli 2017: Der Lassen Volcanic NP in den Cascade Ranges und ein erloschener Vulcan - der Crater Lake 
Grosse  Teile des Nordens von Kalifornien werden von riesigen Wäldern bedeckt. Inmitten  dieser Wälder am Ufer des Trinity Rivers machten wir einen längeren Stopp. Nach  drei Nächten boondocken (das bedeutet so viel wie "wild" campen)  brauchten wir wiedermal das ganze Programm von A wie Abwasser bis W wie  Waschmaschine. Und eine kleine Pause hatten wir auch nötig, bevor wir via  Redding (scheinbar einer der heissesten Orte Kaliforniens) den Lassen Volcanic  National Park ansteuerten. 
In Redding mussten wir aber zuerst  unsere Vorräte aufstocken und dafür fahren wir meistens zu einem Walmart, denn  da gibt es alles. Walmart ist der Billige Jakob der Vereinigten Staaten. So  wird auch folgerichtig in Google Maps mancher Walmart nicht als Einkaufszentrum  ausgewiesen, sondern als Schnäppchenmarkt. Das Brot mag weich sein und das  Fleisch gibt es nur in Mega-Portionen, aber die Auswahl ist riesig und vom  Spezial-WC-Papier für das Wohnmobil bis zum Gruyère, vom Wein bis zum Computer,  vom Aspirin bis zu den Gummistiefeln - es gibt nichts das sie nicht haben. Aber  man sollte es nicht in jeder Runde hinausposaunen, dass man im Walmart  einkauft. Denn es gibt scheinbar Gesellschaftsschichten, für die ist diese  Billigkette ein No-Go. So oder so ist Einkaufen jedes Mal eine Herausforderung  und benötigt viel Zeit. Man kann zum Beispiel nicht einfach schnell mal Milch  kaufen gehen, das ist immer ein richtiger Entscheidungsmarathon. Da steht man  dann vor einem gefühlt kilometerlangen Kühlregal und sucht verzweifelt nach  einem Liter einfacher Kuhmilch und findet vor lauter Bäumen den Wald nicht  mehr. Von den diversen Verpackungen und Aggregatszuständen mal abgesehen gibt  es nebst Kuhmilch (selbstverständlich auch laktosefrei und/oder koscher)  Geissenmilch, Schafsmilch, Hanfmilch, Hafermilch, Mandelmilch, Kokosmilch,  Sojamilch, Reismilch oder Cashewnussmilch, alle Kombinationen/Mischungen davon,  alle möglichen Fettgehalte, aromatisiert mit Vanille oder anderen Geschmacksrichtungen,  verschiedenste Bio- und sonstige Label, zusätzlich angereichert mit diversen  Vitaminen, von einer enormen Anzahl Herstellern (teilweise auch importiert) und  natürlich diverse Grössen (meistens für Grossfamilien).  
  Und da diese Läden die Grösse von  mehreren Fussballfeldern haben (ist vielleicht etwas übertrieben, aber nur ganz  wenig), ist Einkaufen ja sowas von anstrengend... Dafür entdeckt man auch jedes  Mal wieder etwas Neues, Schräges, wie zum Beispiel Käse aus der Sprühdose. 
Entlang  einem grossen Teil der  westlichen Küste der USA zieht sich eine Bergkette aus Vulkanen, die zum  Pazifischen Feuerring gehören und von denen viele noch nicht erloschen sind. Es  handelt sich um die Cascade Ranges - eigentlich die nördliche Fortsetzung der  Sierra Nevada - und hier waren wir die letzten fast zwei Wochen unterwegs. Der  höchsten Gipfel in dieser Gegend, der Mount Shasta, ist über 4000 Meter hoch,  aber auch der Lassen Peak schafft es auf über 3000 Meter. Zum gleichen  Vulkangürtel gehört übrigens  auch der Mount St. Helens, welcher ja vor etwa 35 Jahren spektakulär ausbrach. 
Unser erstes Ziel in dieser Gegend war der Lassen Volcanic National Park,  mit heissen Quellen, farbigen Sinterterrassen und blubbernden Schlammlöchern.  Leider ist die Strasse durch den Park wegen der immensen Schneefällen von  diesem Winter immer noch gesperrt. Also begnügten wir uns mit tiefblauen  Bergseen, dichten Wäldern und schneebedeckten Gipfeln. Der Lassen Peak brach  von ziemlich genau hundert Jahren zum letzten Mal aus und die riesigen Geröll-  und Lavafelder sind heute schon wieder mit Wald bedeckt. Der Ausbruch ist  übrigens genau dokumentiert, weil sich just zu dieser Zeit ein Hobbyfotograf in  der Nähe des Vulkanes aufhielt. 
Die einzigen Campingplätze im Park die per Auto erreichbar waren, waren  ausgebucht. Also suchten wir uns ausserhalb ein schönes Plätzchen. Doch zuvor  fanden wir per Zufall die wohl einzige Stelle im Park, an der unsere Handys  Empfang hatten (wir hätten das auch an der Tatsache erkennen können, dass ein Ranger  in seinem parkierten Fahrzeug versunken auf sein Handy starrte) und konnten mit  unserem Hotspot immerhin ein paar Mails runterladen. Wir waren die letzten  Tagen und Wochen (und werden es auch weiterhin sein) in Gegenden unterwegs, wo  es kein Telefonnetz gibt. Wir sind in der Schweiz punkto Netzabdeckung absolut  verwöhnt, sogar in den Bergen stehen überall Antennen und hier sind eigentlich  nur die grossen Ballungsgebiete abgedeckt. Mit grossem Erstaunen mussten wir  zur Kenntnis nehmen, dass man selbst auf wichtigen Überlandstrassen nicht immer  Hilfe herbeitelefonieren kann.  
Etwas östlich des  Lassen NP liegen (immer noch innerhalb des riesigen Lassen National Forest) die  Silver Lakes. Eine Handvoll kleine Seen, zwei einfache Plätze an denen man  campieren darf und praktisch keine Leute, weil nur eine schlechte Schotterpiste  dorthin führt. Gefunden haben wir diesen Ort auch nur dank Google Maps, weil  die Seen auf unseren Strassenkarten nicht verzeichnet sind. Dort fanden wir  sozusagen den Schatz am Silbersee: ein schattiges Plätzchen direkt an einem  kleinen Seelein, der idyllischer nicht sein könnte. Die einzigen Geräusche  waren das Trommeln der Spechte und ab und zu ein Platschen der nach Insekten  springenden Fische. Dort blieben wir zwei Nächte, denn die Temperaturen waren  auf dieser Höhe (fast 2000 M.ü.M) sehr angenehm. Im 70 Meilen entfernten  Redding war es um diese Zeit 45 Grad... 
Die Vielfalt an  Wildtieren in Nordamerika ist wirklich eindrücklich. Man muss nur ruhig auf  seinem Campingstühlchen sitzen und die Zwiesel, Hörnchen, Fasane, Truthähne,  Fischadler, Lachse, Rehe und Hirsche fliegen, schwimmen oder spazieren vorbei  (zum Teil auch mitten durch die Dörfer und Vorgärten). Vor allem morgens sehen  wir auch immer wieder Rehe am Strassenrand. Und dass wir immer noch im  Bärenland sind, sagte ein Anschlag am Ende der Schotterpiste. Wir massen dem  aber keine grosse Bedeutung zu, hatte es doch weder abschliessbare  Lebensmittelschränke noch waren die Abfalleimer bärensicher, sondern einfache  Tonnen mit Deckel. Also wird die Warnung wohl lediglich gewohnheitsmässig  angebracht. Dachten wir. Doch plötzlich sahen wir beide eine Bewegung am  gegenüberliegenden Ufer des Seeleins, nur etwa 50 Meter entfernt. Und  tatsächlich trottete da ein Bär am Ufer entlang (wie würde Rudi jetzt sagen?  "I glaub i schpinn!"). 
  Er muss uns sicher  gerochen haben, schaute aber nicht einmal in unsere Richtung. Er schnüffelte am  Boden, richtete sich an einem Baum auf um sich zu kratzen und trottete unbeirrt  weiter um den Tümpel, der uns plötzlich immer kleiner erschien. Als wir ihn  wegen des dichten Unterholzes aus den Augen verloren fanden wir, dass es nun an  der Zeit war, den geordneten Rückzug in den Camper anzutreten. Und natürlich  die Crackers und Täfeli aus dem Handschuhfach wieder mitzunehmen. Nach etwa  einer Stunde trauten wir uns wieder raus, aber den Bär sahen wir nicht mehr. 
Nördlich vom Lassen NP liegt das Lava Beds National Monument. Einerseits  historisch interessant und ein unrühmliches Kapitel für die weissen Siedler und  Truppen, die die Modoc-Indianer bis hierher verfolgten und schliesslich  praktisch ausrotteten, andererseits auch landschaftlich höchst faszinierend.  Als die Lavaströme vergangener Vulkanausbrüche erkalteten, formten sie Hunderte  von Höhlen, von denen einige öffentlich zugänglich sind. Es gibt verschiedene  Schwierigkeitsstufen von einfach (da braucht es eigentlich nur starke  Taschenlampen, Helme und gute Schuhe) bis schwer, wo man zum Teil nur kriechend  einen Einstieg in die Höhlen findet. Aber man wird belohnt mit fantastischen,  farbigen und glitzernden Steinformationen und vor allem mit kühlen  Temperaturen. Denn draussen brannte die Sonne erbarmungslos auf eine mit  niedrigen Büschen bewachsene, urtümlich anmutende und mit schwarzen Lavabrocken  übersäte Landschaft herunter. 
Unsere letzte Nacht in  Kalifornien verbrachten wir am Arsch der Welt, in Tulelake (direkt an der  Grenze zu Oregon) auf dem Gelände, auf welchem die jährliche Buttermesse und  auch die Viehauktionen abgehalten werden. Ringsherum wird intensiv Landwirtschaft  betrieben und der Ort Tulelake schrammt haarscharf an einer Geisterstadt  vorbei. Die Hälfte der Gebäude an der Hauptstrasse sind halb am  zusammenbrechen, die Schaufenster der Restlichen sind vernagelt. Und die  nächste Tankstelle steht im 15 Kilometer entfernten Oregon. 
Kaum hatten wir Kalifornien verlassen, war Schluss mit der Trockenheit...  Bereits auf der Fahrt zum Crater Lake sahen wir, wie es in der Wetterküche brodelte und sich die Wolken auftürmten  und ausdehnten. Und am Abend ging dann ein heftiges Hagelgewitter über dem  Campground nieder. 
  Uns taten die Leute in ihren kleinen Zelten ja so leid! Eine Ecke des Campingplatzes  ist übrigens für die Wanderer des Pacific Crest Trails reserviert. Den Pacific  Crest Trail kennen wir in Europa vor allem aus dem Film "Wild" mit  Reese Witherspoon. Aber auch hier in Amerika ist dieser Trail, der von Mexiko  bis nach Kanada führt, erst durch diesen Film so richtig populär geworden. Wir  haben auf unserem Weg durch die Sierra Nevada und dann die Cascades diesen  Trail bereits mehrfach gekreuzt und festgestellt, dass er wirklich durch die  schönsten Gegenden Amerikas führt. Wie eben hier in der Nähe des Crater Lake. 
  Der Crater Lake entstand durch einen Vulkan, bei dessen Ausbruch vor ein  paar tausend Jahren die Kuppe weggesprengt wurde und die Reste in sich  zusammenfielen. Die so entstandene Caldera füllte sich im Laufe der  Jahrhunderte zum heute rund 600 m tiefen See. Da der See ausschliesslich durch  Schnee und Regenwasser gebildet wurde und kein Zufluss irgendwelche Sedimente  hineinspülte, gehört er zu den klarsten Gewässern weltweit. Soweit die Fakten.  Wenn man dann aber oben am Kraterrand steht, traut man seinen Augen kaum. Der  See ist von einem unglaublich intensiven Blau, auf der Oberfläche spiegeln sich  die Wolken und die gegenüberliegende Kraterseite, eingefasst wird dieses  wahnsinnige Blau von schroffen Felsen, grünen Wäldern und den letzten  verbliebenen Schneefeldern. Es ist traumhaft schön! 
Wir hatten Glück, denn die Strasse um den Krater ist erst seit drei Tagen  offen. Sechs Meter Schnee ist hier nichts Aussergewöhnliches und diesen Winter  hat es ja ausserordentlich viel geschneit. Und manchmal beginnen die  Schneefälle bereits wieder im September. Es bleibt also nur ein kurzes  Zeitfenster um den Crater Lake zu umrunden. So gesehen waren wir zur richtigen  Jahreszeit hier. 
Nach dem Crater Lake  gemütlich durch das Land des Rogue Rivers und die südlichen Weingegenden  Oregons an die Küste fahren - das war unser Plan. 
  Aber unser Anlasser  gab immer öfters sehr beunruhigende Geräusche von sich. Also fuhren wir schon  wieder zu einer Ford-Garage um hier wieder das Übliche zu erleben: also  anschauen sowieso nicht vor nächster Woche und wenn, dann nur ohne Camperaufbau  und nein, den Aufbau können wir nicht bei ihnen absetzen, dafür hätten sie zu  wenig Platz und nach der Diagnose hätte es dann einen Termin für den Sankt  Nimmerleinstag gegeben bis sie Zeit für die Reparatur gehabt hätten. Also  fuhren wir zu einer auf RV's spezialisierten Garage. Diese war auch für die  nächsten paar Wochen ausgebucht, gab uns jedoch die Adresse einer anderen  Werkstatt in der Nähe. In einer Garage hinter einem Wohnhaus machten wir den  einzigen Angestellten des Kleinstbetriebes dann ausfindig und endlich - jemand  nahm sich die Zeit und schaute unter die Motorhaube und legte sich dann auch  gleich noch unters Auto und versuchte, den Schaden zu reparieren. Ein grosses  Lob diesem Mini-KMU! 
  Aber - wie auch anders  - wir hatten Pech und man muss die Schwungplatte (und sicherheitshalber  auch noch gleich den Anlasser) ersetzen. Natürlich hatten sie die Teile nicht  am Lager und das aus- und einbauen dauert mindestens einen Tag. Aber man setzte  alles in Bewegung um an das Ersatzteil zu kommen und am Montag können wir mit  dem Auto zu ihnen fahren und das Teil wird eingebaut. Da der Stundenansatz halb  so hoch ist wie bei Ford, werden wir auch noch gleich den 100'000er-Service  machen lassen. 
  
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    Im Lassen Volcano National Park  | 
    
 
  
  
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    Der Manzanita Lake im Lassen NP  | 
    
 
  
  
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    Fischen darf man im National Park  | 
    
 
  
  
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    Nach dem Brand  | 
    
 
  
  
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    Einsames Plätzchen am Silver Lake im Lassen National Forest  | 
    
 
  
  
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    Wo ist der Bär?  | 
    
 
  
  
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    Da ist der Bär!  | 
    
 
  
  
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    Lava Beds Monument  | 
    
 
  
  
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    Der Eingang zur Meerill Ice Cave  | 
    
 
  
  
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    Wolken ziehen auf  | 
    
 
  
  
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    Heftiges Hagelgewitter auf dem Mazama Village Campground  | 
    
 
  
  
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    Crater Lake (der Kratersee des Vulkanes Mount Mazama) mit Wizard Island  | 
    
 
  
  
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    Die Pinnacles im Crater Lake National Park  | 
    
 
  
  
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    Nochmal Crater Lake (mit Phantom Ship Island)  | 
    
 
  
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