Newsletter vom 10. August 2018: Per Wasserflugzeug zu den Bären und mit dem Katamaran in den Kenai Fjords NP 
Der Volkssport in Alaska ist Fischen. Die Gewässer  sind ja auch voll mit Forellen, Halibut und natürlich Lachsen; Sockey, Coho,  Chinook oder wie sie alle heissen. Die ersten Lachse erreichen Alaska Mitte  Mai, die letzten kämpfen sich Anfangs September die Flüsse hinauf. Getrieben  von Heimweh nach dem Ort ihrer Geburt.  
In den Gewässern auf und um die Halbinsel Kenai hat  es so viele Lachse, dass es kein besonderes Geschick braucht, diese an den  Haken zu bekommen. Aber noch viel leichter ist es vom 10. bis am 31. Juli. Dann  nämlich dürfen Einheimische an fünf Stellen auf der Halbinsel Dipnetting  machen, also mit einem Netz fischen. Einer dieser Hotspots ist der Strand vor  unserem Campground im Städtchen Kenai, an der Mündung des Flusses Kenai. 
Als wir dort ankamen, staunten wir nicht schlecht.  Hunderte von Fischern standen bis unter die Achseln im Wasser, ausgerüstet mit  einer langen Stange an deren Ende ein Netz von etwa zwei Metern Durchmesser  angebracht ist. Fisch um Fisch wurde so aus dem Wasser gezogen, hauptsächlich  Lachse. Der Partner des Fischers übernahm den Fang und der Fischer begab sich  sofort wieder in die Reihe. Die Fische wurden dann ausgenommen, filetiert oder  portioniert, vakuumverpackt und in der Eisbox zwischengelagert (sie kommen dann  zu Hause in die Tiefkühltruhe und so hat man den ganzen Winter über frischen  Lachs). Und auf dem Strand herrschte Jahrmarktstimmung mit all den Zelten und  WC-Häuschen.  
Wir konnten uns glücklich schätzen, auf dem direkt  über diesem Strand liegenden Campground ein Plätzchen bekommen zu haben. So  konnten wir dem Treiben von einem Logenplatz aus zuschauen. Der Platz kostete  übrigens pro Nacht unglaubliche 90 Dollar. Aber nur vom 10. bis am 31. Juli,  ansonsten kostet er die Hälfte. 
Ein touristische Muss ist der Besuch des Städtchen  Homer respektive der berühmten Landzunge bei Homer - dem Homer Spit. Die Lage  ist aber auch spektakulär: mitten in der glitzernden Kachemag Bay, geradeaus  die Gipfel und Gletscher des Kenai Fjord Nationalparks und rechts die mächtigen  Vulkane, die zum Pazifischen Feuerring gehören. 
  Als wir dort ankamen, herrschte auf der Landzunge  Grossandrang (wie immer im Sommer). Links und rechts der letzten Meile vor dem  Schiffsterminal haben sich Souveniergeschäfte, Anbieter von Freizeitaktivitäten  und vor allem Bars und Restaurants angesiedelt. Eigentlich wollten wir dort am  Abend essen gehen. Ein paar Krabben oder feinen Halibut - schliesslich wird  Homer die Halibut-Hauptstadt der Welt genannt. Aber daraus wurde nichts. Es hat  zwar jede Menge Campgrounds, doch die schönen Plätze direkt am Ufer waren natürlich alle  besetzt. Wir standen dann schlussendlich auf einem Ausweichplatz direkt am  Meer, auf dem wir mit ziemlicher Sicherheit nicht hätten übernachten dürfen.  Deshalb wollten wir  das Auto wegen einem Restaurantbesuch nicht alleine lassen und Parkkrallen riskieren  (oder dass uns jemand unser Plätzchen wegschnappte).  Aber wir hatten uns umsonst gesorgt. Die Hafenpolizei fuhr zwar ein  paar Mal vorbei, liess uns aber in Ruhe. So konnten wir unseren 1a-Platz  geniessen, uns im Schatten des Campers ein kühles Lüftchen um die Nase wehen  lassen (nachdem wir gelesen hatten, was für eine Affenhitze in der Schweiz  herrscht, geniessen wir die kühlen Temperaturen in Alaska doppelt!) und ein  paar schöne Aufnahmen eines Weisskopfseeadlers gab es obendrauf. Auf einer  Metallplattform in Ufernähe hatten diese nämlich ein Nest errichtet und das  einzige Junge aufgezogen. Dieses war schon ziemlich gross und sicher bald  flügge. Auf jeden Fall versuchen die Eltern wohl gerade, es aus dem Nest zu  locken. Hatten sie doch einen Fisch auf der unmittelbar danebenliegenden  Plattform hingelegt. Aber wirklich freuen darüber taten sich nur die Möven. 
Einer der Höhepunkte unseres Aufenthaltes in Alaska  sollte der Trip mit einem Wasserflugzeug in die Fischfanggebiete der Grizzlies  sein. Nachdem wir schon lange vergeblich versucht hatten einen Platz zu  ergattern (eigentlich müsste man das schon einige Monate im Voraus machen) und  nachdem das Wetter in den in Frage kommenden Gebieten immer regnerisch war,  klappte es letzte Woche schlussendlich. Der grosse Kompromiss war, dass auf  diesem Ausflug auch gefischt wurde. Respektive, dass man auf diesem  Angelausflug auch Bären zu sehen bekam. 
  Schon der Flug zu den Big River Lakes am Fusse der  gletscherbedeckten Alaska Ranges war ein Erlebnis, denn erst aus der Luft  bekommt man so richtig mit, wie zauberhaft Alaska ist. Die verschiedenen  Grüntöne der Moor- und Waldflächen und dazwischen das graue Schwemmland der  Flüsse und eisgrauen Gletscherseen bilden ein wunderschönes Mosaik. Immer  wieder sahen wir Elche und vor allem Bären, die erschrocken vor uns  davonrennen.  
Nach der Landung am Ufer des Sees schipperten wir  auf einem kleinen Boot zum Wolverine Creek, welcher über Stromschnellen und  einen kleinen Wasserfall in den See mündet (aber erst, nachdem wir an einer  anderen Stelle des Sees unseren beiden Mitpassagieren zwei Stunden beim mehr  oder weniger erfolgreichen Angeln zuschauen mussten). An dieser Mündung des  Flusses versammeln sich im Juli/August Tausende von Lachse und ein paar Bären,  die Jagd auf sie machen. Und ganz viele Menschen, die hier noch viel einfacher  zu ihren Fischen kommen. Hier braucht es nämlich nicht mal einen Köder, man  kann die Angel mit einem grossen Haken einfach in den Schwarm werfen und ziehen  und schon hat sich einer irgendwo am Körper verfangen. Und wenn das Kontingent  von drei Fischen pro Person erreicht ist, wird trotzdem weitergefischt. Der  Haken wird dann mehr oder weniger sanft aus dem Körper gezogen und der Lachs einfach  wieder ins Wasser geworfen. Dass Fische Schmerzen empfinden, ist wohl noch  nicht bis Alaska durchgedrungen. Auf unsere Proteste wurde etwas harsch  reagiert: Fischen sei hier ein Sport und die Lachse seien ja robuste Fische und  was mischt ihr Ausländer euch überhaupt ein (das Letzte haben sie natürlich nur  gedacht). Immerhin hörten daraufhin die anderen in unserem Boot mit der  Tierquälerei auf. 
Aber auch wir kamen auf unsere Rechnung. Am  Wolverine Creek bestaunen die Menschen die Grizzlies und umgekehrt. Die Bären  sind an die Menschen gewöhnt und liessen sich von den vielen Angelschnüren  nicht stressen. Stress kam erst auf, als eine Bärin mit ihrem Jungen die Szene  betrat und der bereits anwesende Grizzly sich sicherheitshalber zurückzog. Aber  das genügte der Grizzlymama noch nicht. Sie trieb ihn regelrecht aus ihrem  Revier, verfolgte ihn noch weit am Ufer entlang, "schmatzte" dabei  aggressiv mit den Lippen und gab erst Ruhe, nachdem er vor ihr die Felsen  hinauf geflüchtet war. Das konnte sie sich aber nur erlauben, weil es sich um  ein junges, unerfahrenes Männchen handelte. Ansonsten wäre ihr Junges, welches  ihr immer auf dem Fuss folgte, in Lebensgefahr gewesen. Auch Bären töten den  fremden Nachwuchs, damit eine Bärin wieder paarungsbereit wird. Nicht stören  liess sie sich dann von einem Schwarzbären, der ungehindert davon ziehen  durfte.  
  Den wahrscheinlich gleichen jungen Grizzly konnten  wir dann nochmal beobachten, als der Bootsführer an einer kleinen Insel im See  die erbeuteten Fische ausnahm. Das tun hier wahrscheinlich auch Andere und so  findet der Bär genügend Fischabfall, um sich den Bauch vollzuschlagen und den  nahenden Winter mit genügend Speck auf den Rippen zu überstehen. 
  Um halb Sieben am Abend holte uns dann das  Wasserflugzeug ab. Und als Krönung des Tages flog der Pilot einen Umweg über  den riesigen Double Glacier. Unbeschreiblich schön! 
Ein weiterer Höhepunkt unserer Reise war die Fahrt  mit einem Katamaran von Seward aus in den Kenai Fjords Nationalpark. Auch hier  hatten wir versucht, den regenärmsten Tag der Woche zu erwischen (blauen Himmel  kann man um diese Jahreszeit im Golf von Alaska sowieso nicht erwarten). Und  wir hatten Glück. Es war zwar stark bewölkt, aber die Wolken waren soweit oben,  dass wir bis zu den Gipfeln der Berge sahen. Auch der weibliche Kapitän (fast  die ganze Besatzung war übrigens weiblich) meinte, dass wir einen grossartigen  Tag erwischt hätten. denn normalerweise regne es und der Nebel hänge bis tief  runter. Sie meinte auch, leider sei der Seegang im offenen Meer etwas stärker  als gewöhnlich, wir sollen also von den angebotenen Hilfsmitteln Gebrauch  machen (Dramamine, Ginger-Täfeli, Tüten). Das Schiff war trotzdem schon bald  von den vielen Kindern vollgek... und auch einige Erwachsene hingen in den  Seilen, weil das Schiff bockte wie ein wildes Pferd, sobald die Gewässer der  ruhigen Fjords verlassen wurden. Wir beide hatten vorgesorgt und konnten die  Fahrt geniessen.  
  Schon im Hafen sahen wir die ersten Seeottern und  kaum aus der Resurrection Bay raus die ersten Orcas. Und etwas später  begleitete uns auch ein Humpback Wal. Aber die Hauptrolle spielt eindeutig die  Landschaft. Zahlreiche Gletscher entspringen dem riesigen Harding Ice Field und  sind vom Meer aus sehr schön zu sehen. Am faszinierendsten sind natürlich die  Gletscher, welche bis ins Meer münden und dort abbrechen - oder kalben, wie man  sagt. Beim Holgate Glacier waren wir live dabei mit einem Platz in der ersten  Reihe. Unbeschreiblich! Der absolute Höhepunkt war dann der gigantische Aialik  Gletscher. Das grosse Schiff wirkte klein vor der riesigen Wand aus Eis, von  welcher immer wieder dröhnend ein Stück abbricht. So spektakulär sahen wir eine  Gletscherwand noch nie! Vor beiden Gletschern treiben denn auch viele Eisblöcke  im milchiggrünen Wasser der Bucht. Einer davon wurde herausgefischt und für die  Cocktails zerstossen, die man an der Bar kaufen konnte. 
  In Seward übernachteten wir übrigens an der  Hafenpromenade mit Blick auf die riesigen Kreuzfahrtschiffe, die dort  regelmässig anlegen und Tausende von Passagiere ausspucken, welche das kleine  Städtchen überfluten. 
Es wird kühler in Alaska, die Nächte sind wieder  dunkel und die Luft riecht schon ein kleines bisschen nach Herbst. Aber die  Wiesen sind immer noch lila, bedeckt mit Fireweed. Man sagt übrigens: wenn sich  alle Einzelblüten des Fireweed bis in die Spitze der Blütentraube geöffnet  haben, kommt zwei Wochen später der erste Schnee. Aber dann sind wir nicht mehr  hier. Uns wird es nämlich langsam zu kalt und zu nass und so haben wir uns in  südlichere Gefilde aufgemacht. Doch zuerst mussten wir weit in  den Norden ausholen. 
Wir fuhren in den letzten Tagen fast 1000  Kilometer. Unser Weg führte uns in einem grossen Bogen um das weltweit grösste,  geschützte Gebiet herum, welches aus dem Wrangell-St.Elias Nationalpark, dem  Kluane Nationalpark und - weiter südlich - dem Glacier Bay Nationalpark besteht  und ein Unesco Naturerbe ist. Die Berge sind die Höchsten Kanadas und ein  erheblicher Teil des Parkes besteht aus Eisfeldern, die tausend Meter dick sein  können. 
Nicht zu diesem Gebiet gehört der mächtige  Matanuska Glacier, der fast den Glenn Highway erreicht. Der Anblick des langen  Gletschers war märchenhaft, denn das blendende Weiss leuchtete die Wolken von  unten an und liess sie erstrahlen. Und theoretisch sähe man im Hintergrund den  über 4000 Meter hohen Mt. Marcus Baker... Doch manchmal hingen die Wolken so  tief, dass wir nur knapp die Strasse erkennen konnten. 
Und dann erreichten wir in Tok den Alaska Highway,  welchem wir bis Haines Junction folgten. Eine einsame Strasse mit extrem  spärlichem Verkehr und in einem extrem schlechten Zustand (Tara hat jetzt noch  Muskelkater vom Anspannen der Bauchdecke wegen den vielen Löchern und  Bodenwellen). Aber landschaftlich - soweit wir es sehen konnten - wunderschön.  Den grössten Grizzly bis jetzt sahen wir dort am Strassenrand und das  spannendste Phänomen am Abfluss des grossen Kluane Lakes. Dort gerieten wir  nämlich in einen veritablen Sandsturm. Der Wind pfiff - wahrscheinlich durch  eine Lücke in den St.Elias-Bergen - in Orkanstärke und nahm dabei den  trockenen, feinen Sand des Flussbettes mit. Die Sandwolke breitete sich über  mehrere Kilometer aus, die ganze Landschaft war weiss gepudert und man hatte  das Gefühl, man fahre durch dichten Nebel. 
Zwischendurch passierten wir die Grenze nach  Kanada. Wie an der Grenze auf dem Top of the World Highway, die wir vor bald  zwei Monaten hinter uns brachten, hatten auch am Alaska Highway die Amis ein  riesiges Röntgengerät installiert und die Kanadier nahmen es etwas lockerer.  Und da wir - wahrscheinlich glaubhaft - versicherten, dass wir bereits in zwei  Tagen wieder in die USA ausreisen, wurde der Fragenkatalog auf Alkohol und  Waffen abgekürzt. Unser Feuerholz interessierte dieses Mal nicht, obwohl neben  dem Grenzhäuschen bereits ein grosser Haufen von weniger Glücklichen lag. Wir  nahmen uns daraufhin vor, am Abend ein Feuerchen zu machen (was wegen Regen  dann leider nicht stattfand). 
Wir haben für Samstag eine Fähre von Haines nach  Skagway gebucht. Diesen Umweg nach Haines runter und dann ab Skagway wieder  rauf zum Alaska Highway machen wir, weil diese beiden Strecken in den  Reiseführern in den höchsten Tönen gelobt werden. Aber es ist zum Verzweifeln.  Da sind wir in einer der schönsten Ecken des Landes und es regnet seit Tagen und  wir sehen nix.  
Könnten wir nicht einen kleinen Tauschhandel  abschliessen? Wir schicken euch Regen und Kälte und ihr schickt uns etwas Sonne  und Wärme? 
  
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    Schwarzbär  | 
    
 
  
  
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    Dipnetting: Jagd mit dem Netz auf die Lachse  | 
    
 
  
  
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    Abendstimmung in Kenai  | 
    
 
  
  
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    Grizzlymutter mit Jungem  | 
    
 
  
  
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    Junger Grizzly (Braunbär)  | 
    
 
  
  
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    Die Grizzlymutter wartet auf einen Lachs  | 
    
 
  
  
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    Flug über den Double Glacier  | 
    
 
  
  
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    Bootsfahrt im Kenai Fjords National Park  | 
    
 
  
  
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    Orcas  | 
    
 
  
  
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    Gewaltige Gletscher ...  | 
    
 
  
  
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    ... im Kenai Fjords NP  | 
    
 
  
  
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    Wiedermal ein Selfie  | 
    
 
  
  
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    Das Wappentier Amerikas:  | 
    
 
  
  
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    Weisskopfseeadler  | 
    
 
  
  
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    Halibut (Heilbutt) sind auch lecker  | 
    
 
  
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