Newsletter vom 20. November 2022: New Orleans, Plantagen in Louisiana und das Space Center in Houston 
Entlang  der Golfküste verderben immer wieder Ölplattformen die schöne Aussicht. Das  Gute daran ist, dass der Dieselpreis fast einen Dollar tiefer ist als der  teuerste Betrag, den wir bisher bezahlten. Wen es interessiert: wir zahlen pro  Liter Diesel zwischen US$ 1.15 (hier am Golf in der Nähe der Raffinerien) bis  US$ 1.45 (z.B. in Washington D.C.). 
Auf  dem Weg nach New Orleans durchquerten wir Marschland und weitläufige Sümpfe,  fuhren an weissen, menschenleeren Stränden vorbei und an bunten Holzhäuser, die  auf 3 bis 4 Meter hohen Stelzen stehen um den, bei einem Hurrikane drohenden  Springfluten nicht zum Opfer zu fallen. Aber man sieht auch viele Ruinen,  welche vergangene Stürme hinterlassen haben. Manche wurden renoviert, in andere  kehrte nie jemand zurück. 
  Und dann gibt es wie überall in Amerika die Trailer Home Parks (eine Ansammlung  mobiler Holzhäuser), an denen schon lange keine Farbe mehr auf den morschen  Brettern ist, vor deren Fenstern uralte Klimakästen hängen und die ihren  Vorplatz in einen Schrottplatz verwandelt haben. Die Armut ist umso  augenfälliger, als zwischendurch immer wieder herrschaftliche Südstaatenvillen  am Ende von langen baumbestandenen Auffahrten stehen, deren gutbetuchte  Bewohner man selten sieht, dafür umso mehr ihre Handwerker und Gärtner. 
  Und an den Ufern der unzähligen Flüsse und Seen ankern viele Hausboote oder  besser gesagt schwimmende Baracken. 
Die  Brücke über den Lake Pontchartrain brachte uns schliesslich nach New Orleans,  wo wir wieder einem alten Bekannten aus den TV-Nachrichten begegneten: dem  Superdom, der während Hurrikan Katrina für Tausende zur Zuflucht und zugleich  zur Hölle wurde. 
  Es war brütende, feuchte 33° warm und wir wussten zum Glück noch nicht, wie das  Wetter in einer Woche sein würde (sonst hätten wir die Wärme eher geschätzt). 
Von  unserem Campingplatz bis ins Zentrum buchten wir jeweils ein Taxi. Einer der  Uber-Fahrer erzählte uns auf unsere Nachfrage hin, dass er damals, bei Hurrikan  Katrina, die Stadt rechtzeitig verlassen habe. Als er den Gesichtsausdruck des  Meteorologen am TV sah wusste er, dass es ernst war und fuhr bis Huston ins  Exil. Aber es sei für ihn klar gewesen, dass er - im Gegensatz zu vielen  anderen - wieder zurückkomme und beim Wiederaufbau "seiner" Stadt  helfen würde. Eigentlich sollte es die Stadt New Orleans gar nicht geben,  erzählte er uns weiter, da sie unter dem Meeresspiegel liege und kein  vernünftiger Mensch hier eine Stadt gründe. Aber die erste Siedlung - das heutige  French Quarter - wurde von französischen Siedlern auf einem etwas höher  gelegenes Stück Land erbaut. Das Land um dieses Gründungsgebiet herum ist ein  mehrere hundert Meter tiefer Sumpf der sich laufend verdichtet und dadurch  absinkt. Als das die Franzosen bemerkten war es aber schon zu spät, die  Siedlung war bereits etabliert. Soweit unser Taxifahrer. 
  Heute liegen 70% des Stadtgebietes fast 2m unter dem Meeresspiegel. 
Kein  Weg führt am berühmten Frühstück von New Orleans vorbei: Beignets im noch  berühmteren Café du Monde am Jackson Square. Diese bestehen aus etwas Brandteig  und viiiiel Puderzucker. Ansonsten haben die Franzosen Gebäck-technisch (also  Croissants und Baguettes) kaum Spuren hinterlassen. Nur die omnipräsenten  Beignets versprühen einen Hauch "French". 
Nach  dem täglichen Frühstück schlenderten wir die Strassen des French Quarter mit  den fotogenen Häusern respektive Balkonen rauf und runter, spähten in einige  der Bars, rümpften die Nase ob dem Uringestank in einigen Strassen, besuchten  tolle Galerien, lauschten den Strassenmusikanten und liessen uns dann mit dem  Taxi in ein Restaurant mit Südstaaten-Küche fahren. Die Küche in New Orleans  ist sehr spannend. Akzente setzen vor allem die scharfen Gewürze der  karibischen Kreolen und die rustikale Cajun-Küche, das Ganze fein abgestimmt  mit dem Amerikanischen, einer Prise Irland und etwas Italianità. 
New  Orleans lebt vom Tourismus. Darum ist es eigentlich nicht verwunderlich, dass  die Stadt noch teurer ist als andere, eh schon hochpreisige Städte. So wollten  wir zum Beispiel den Friedhof "St. Louis Cemetery No. 1" besichtigen  - ein Highlight für Friedhof-Junkies wie wir, da wegen den vielen  Überschwemmungen alle Gräber oberirdisch in gemauerten Gruften angelegt sind.  Aber der Eintrittspreis beträgt happige 25$ pro Person. Das war uns dann doch  zu viel (der Campingplatz kostete übrigens sagenhafte 130$/Tag). Und der  Friedhof No. 2 ist gleich ganz geschlossen. Schade und ein hässiges  "Danke" an die Vandalen, die dies zu verantworten haben. 
Die  weitere Strecke am Mississippi entlang bis zu unserem nächsten Ziel - der  Houmas House Plantation - ist geprägt von vielen riesigen Raffinerien, die das  Öl von den Bohrinseln im Golf von Mexiko verarbeiten und anschliessend in  unzähligen Tanks speichern. Ebenso haben sich im Windschatten der Raffinerien  grosse Zementwerke und Kohlelager niedergelassen. 
Die  Landwirtschaft wird immer noch von Zuckerrohr (und Baumwolle) dominiert wie zu  Zeiten der grossen Plantagen. 
  Diese kann man zum Teil besichtigen wie die Houmas House Plantation - ein Haus,  das auch schon als Filmkulisse diente und bei dem man das Gefühl hat, dass  jeden Moment Scarlett O'Hara aus der Tür treten könnte. 
  Das Herrschaftshaus ist umgeben von einem unglaublich riesigen Park mit uralten  Eichen, Pavillons, unzähligen Nebengebäuden, Teichen, Schwänen und Enten, immer  wieder Bänke in lauschigen Ecken und viel Kunst. Die Houmas Plantage ist  manifestierter Reichtum pur. Wenn wir uns nicht schwer täuschen, hängt sogar  ein echter Gauguin in einem der Räume, die man anlässlich der Führung  besichtigen kann. 
  Die Plantage hat übrigens gigantische Ausmasse. Laut Führer muss man in die  eine Richtung dreiviertel Stunden und in die andere Richtung eine halbe Stunde  mit dem Auto fahren, bis man die Aussengrenzen erreicht. 
Unser  nächstes Ziel war Houston, respektive das NASA Space Center in Houston. Das  Gelände ist eine richtige Stadt in der Stadt. Mit unzähligen Bürogebäuden und  Hangars, mit 4-spurigen Strassen und mit einem eigenen Krankenhaus inklusive  Ambulanzfahrzeugen. Ausserdem ist das ganze Gelände ein Tierschutzgebiet und  das Bähnli, mit dem wir herumgefahren wurden muss aufpassen, kein Reh zu  überfahren. Dazu hat es Coyoten, Hasen, Wildkatzen und Alligatoren. 
  Wir besuchten die Trainingshalle, in der alle Bestandteile der ISS  (International Space Station) nachgebaut sind, damit die Astronauten üben  können, sich in diesen zurechtzufinden und damit das Bodenpersonal in einem  Notfall an einem identischen Objekt den Fehler suchen kann. Auch an der  nächsten Generation von Raumschiffen wird hier herumgetüftelt. Die weltweit  einzige flugtüchtige Saturn-V-Rakete aus dem Apollo Programm (solche Träger-Raketen  wurden für Mondlandungen eingesetzt) kann ebenfalls besichtigt werden. 
  Am Eindrücklichsten aber war der Besuch des alten Apollo Mission Control  Centers. Dieses wurde am Original-Standort wieder aufgebaut, indem man nach der  Vorlage alter Filme und Fotografien die, zuvor in Museen und bei Privaten  eingesammelten Bestandteile wieder zusammenfügte. Die Kaffeetassen und die  (übervollen) Aschenbecher sind ebenso Originalstücke wie die Besucherstühle  hinter der Trennscheibe. Wir alle kennen ja diesen Raum von unzähligen  Live-Übertragungen, wir sahen den Jubel, die Tränen und hörten die legendären  Sätze: "Houston, The Eagle has landed" oder "Houston, we have a  problem". 
  Den Rundgang beendeten wir nach 5 Stunden mit der Besichtigung eines  Spaceshuttle-Nachbaus auf einem originalen Transportflugzeug Nasa 905 (Boeing  747 Jumbo Jet). 
Natürlich  lernten wir auf dieser Etappe unserer Reise auch wieder viele Leute kennen. Bei  Lonnie und Antoinette parkten wir im Garten hinter dem Haus und wurden spontan  Bestandteil einer Party mit einem Dutzend Freunden, mit Food, Whisky und  Football-Public-Viewing auf ihrer riesigen, gedeckten Terrasse. Über Politik und  Religion wurde übrigens nicht gesprochen. 
  Dafür umso mehr bei Kevin und Anne, die beide keine Freunde von Trump sind.  Kevin ist aus Kanada und das ist wohl mit ein Grund, dass sie sehr liberal  eingestellt sind. Die beiden sind gerade am Umbauen und es herrscht ein  fürchterliches Chaos. Die Küche ist nicht funktionstüchtig (sie kochen in ihrem  Camper im Hinterhof) und Esstisch und Stühle gibt es auch nicht. Da es für sie  selbstverständlich ist, ihre Boondocker-Gäste zu bekochen, wurde wenigstens  eine Pizza von der Pizzeria um die Ecke ("nur" etwa 15km entfernt)  besorgt. Und die Mikrowelle reichte auf jeden Fall aus, um uns am Morgen eine  Art Grütze resp. Porridge mit Zucker und heisser Milch anzubieten. 
Nun stehen eine Woche  Strandferien auf dem Programm. Leider haben wir wettermässig ziemliches Pech.  Nach der Hitze stecken wir jetzt in einer Kaltfront fest, welche eiskalte Luft  (Nachmittags etwa 6 Grad) und ab und zu sintflutartigen Regen bringt. Also nicht  wirklich Strandwetter. Aber immerhin sind wir wieder am Meer und können - wenn  es nicht grad regnet - Strandspaziergänge machen. Eingepackt in  Thermo-Unterwäsche :-(
 
  
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    Auf der Fähre in der Mobile Bay  | 
    
 
  
  
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    Ölplattform in der Mobile Bay  | 
    
 
  
  
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       "Am Blue Bayou" im Bayou Country, Louisiana 
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    Zeitgenössische Südstaatenvilla in Mississippi  | 
    
 
  
  
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    Haben die Absinth-Brenner vom Jura auch hier Spuren hinterlassen?  | 
    
 
  
  
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    Verspätetes Halloween in einem typischen New Orleans Haus  | 
    
 
  
  
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    Überbackene Austern in New Orleans  | 
    
 
  
  
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    Schaufelraddampfer auf dem Mississippi  | 
    
 
  
  
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    Houmas House Plantation  | 
    
 
  
  
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    Historisches Apollo Mission Control Center  |     
 
  
  
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    Der Trainingshangar für die ISS-Astronauten  | 
    
 
  
  
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    Grosse Bodenfreiheit ist sehr wichtig  | 
    
 
  
  
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     So haben wir uns die Strandferien nicht vorgestellt  | 
    
 
  
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