Ankunft in Namibia und 15-Sekunden-Ausflug nach Angola 
 
Sonntag, 15. Mai 2011 
Ein windiger, kühler Tag im Afrikanischen Herbst erwartete uns, als wir heute Früh pünktlich um Fünf Uhr in Windhoek landeten. Die Maschine der Air Namibia war nur halb voll, dementsprechend erfreulich schnell brachten wir auch das ganze Prozedere mit Zoll und Gepäck hinter uns. Wilbur, der Chauffeur der uns jeweils nach Ondekaremba bringt, stand schon in der Halle und als wir auf der Farm ankamen, war es noch nicht einmal  Sechs Uhr und alles noch dunkel (und alle noch im Bett).  
  Im Gegensatz zur Schweiz hat es hier in den letzten  drei Monaten überdurchschnittlich viel geregnet. Und  so sahen wir zum ersten Mal den Rivier (Fluss) auf dem Farmgelände voll Wasser. Ist die Herausforderung für den alten VW-Bus von Wilbur ansonsten, nicht im Sand des Flussbettes stecken zu bleiben, muss er nun eine Wasserdurchfahrt wagen (die letzten paar Wochen sei für ihn hier kein Durchkommen mehr gewesen!). 
  
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    Nest einer kleinen Webervogel-Kolonie  | 
    
  
So früh am Morgen sind überall noch die Hasen unterwegs,  welche dann mit Sonnenaufgang durch die Erdhörnchen abgelöst werden. Der  Vorplatz vor unserem  Bungalow sieht  übrigens aus wie ein Emmentaler Käse. Kaum schütten Angestellte eines der  riesigen Eingangslöcher zu ihren unterirdischen Bauten zu, buddeln die Hörnchen  daneben ein neues Loch. Die Löcher sind so gross und so tief, dass man mit dem  Auto höllisch aufpassen muss um da nicht reinzugeraten. Und einem Fussknöchel  täte ein Sturz in so ein Loch definitiv auch nicht gut.  
  
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    Tückischer Erdhörnchenbau  | 
    
  
Das könnten wir nicht  auch noch gebrauchen, denn Ärger haben wir auch so genug. Rosinante war ja vor  einiger Zeit im Service und da wurde unter Anderem die Kupplungsscheibe  ersetzt. Die alte Kupplungsscheibe legten sie ins Auto und dazu eine Schachtel  mit Schrauben und Muttern. Das ist ja immer ein schlechtes Zeichen, wenn nach  dem Auseinandernehmen und wieder Zusammensetzen ein paar Schrauben übrig  bleiben! Und Zoltan fand dann auch bald den Grund heraus: man hatte schlicht  und einfach vergessen, die grosse Eisenplatte wieder zu montieren, die die  Unterseite (oder anders gesagt die Eingeweide) von Rosinante schützt.  Wir haben eine Stinkwut auf die Autogarage  und müssen nun natürlich morgen dort vorbeifahren und hoffen, dass die Platte  nicht im Altmetall gelandet ist!  
   
Montag, 16. Mai 2011 
Zum Glück geht es in der Werkstatt nicht ganz so ordentlich  zu und her wie im Haushalt von Tara, denn sonst wäre die Bodenplatte schon  längst entsorgt (meinte auf jeden Fall Zoltan). Aber hier wurde man nach kurzem  Suchen fündig und Rosinantes Bauch ist nun wieder geschützt. 
 
  
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    Rosinante wie immer im Mittelpunkt  | 
    
  
  Und dann natürlich noch das Übliche wie immer am Anfang der  Reise: Einkaufen (im Spar gibt es neuerdings eine Bio-Ecke!), Satellitentelefon  abholen und schnell zum Bücherkeller (für die neuesten Karten vom Kaokoland).  Noch ein paar Sushis auf der Terrasse des Tea-Room Zoo verdrücken und dann  wieder zurück nach Ondekaremba um zu packen, voller Freude, dass nun am Auto  alles in Ordnung ist. Aber man soll ja bekanntlich den Tag nicht vor dem Abend  loben! Denn unterwegs hat uns ein viel zu schnell überholendes Auto einen Stein  in die Windschutzscheibe geschleudert und das müssen wir morgen unbedingt noch  reparieren lassen, bevor wir losfahren. 
  Wir haben dann später am "Lagerfeuer" erfahren,  dass auf dem Parkplatz vor dem Hotel Kalahari Sands ein mobiler  Windschutzscheibenflicker unterwegs sei. Mal schauen. 
 Dienstag, 17. Mai 2011 
 Und so war es dann auch. Wir fragten einen der  Parkplatzwächter nach dem Scheibenreparateur – ein Pfiff, etwas Handgefuchtel  und schon stand der Meister vor uns und überreichte uns seine Visitenkarte:  Jerem Windscreen Repair, Jeremia Matheus, Managing Director, Kalahari Sands  Parking. Er komme in 5 Minuten, er habe noch gerade einen anderen Kunden. Es  waren dann afrikanische 5 Minuten (d.h. etwa 30), aber die Arbeit wurde  ziemlich professionell erledigt. In einem kleinen Koffer hat Jeremia alles  dabei, was es so braucht, inklusive Batterie für den Glasbohrer. Die Arbeit  kostete etwa 22 Franken und wir fanden, da hatte Jeremia eine ganz clevere  Geschäftsidee. Denn an Kunden mangelt es bei diesen Strassen garantiert nicht. 
  Ansonsten hiess es heute fahren, fahren, fahren. Von  Windhoek über Okahandja, Otjiwarongo und Otavi bis nach Tsuneb. Fast 500  Kilometer – in der Rosinante eine rechte Anstrengung! 
   
  
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    Hererofrau (traditionell gekleidet aber mit Handy)  | 
    
  
 
   Völlig gerädert in Tsuneb angekommen wollten wir noch Geld  beim Bancomaten beziehen und wurden beinahe ausgeraubt. Drei schwarze, nach  Alkohol riechende Männer waren plötzlich um uns herum und wir merkten leider  erst in diesem Moment, dass kein Security da war (wie sonst bei allen  Geldautomaten üblich). Einer der Drei versuchte uns weiszumachen, dass der  Automat so und so funktioniere, und dass man zuerst diesen oder jenen Knopf  drücken müsse und grabschte sich die Kreditkarte, die wieder aus dem Schlitz  kam. Wir haben das aber gemerkt und sie ihm wieder abgenommen (weil wir  natürlich beide auf seine Hände schauten und nicht auf das Display des  Automaten, so wie er das wohl gerne gehabt hätte). Ein Anderer griff links und  rechts um Zoltan herum und versuchte zu sehen ob er einen Code eingibt und was  für einen. Alle drei schwatzten gleichzeitig auf uns ein, versuchten uns abzulenken  und irgendwie an unsere Hand- oder Hosentaschen zu kommen. Wir konnten uns dann  aber losreissen und weggehen und hatten sicher Glück, dass diese Drei nur mit  Tricks und nicht mit Gewalt agierten. Sie verfolgten uns dann noch etwas weiter  die Strasse runter aber irgendwie muss wohl die Polizei aufmerksam geworden  sein, denn wir sahen kurz darauf, wie einer der Drei abgeführt wurde. Wir  hatten noch alle unsere Siebensachen, aber das Erlebnis war nicht so toll und  hat uns gelehrt, noch besser aufzupassen und Geldautomaten ohne Security zu  meiden. 
   Da wir heute keine Lust mehr auf Camping hatten, schauten  wir uns das Minenhotel an (sie hatten leider nur noch das Standardzimmer und  Tara bekam schon vom Anschauen des Zimmers eine halbe Depression) und landeten  schliesslich im relativ neu eröffneten Kupferquelle Resort. Für den gleichen  Betrag ein zehn Mal so schönes Zimmer – gross, modern und mit Veranda. 
 Mittwoch, 18. Mai 2011 
 Weiterfahrt nach Norden. Kaum haben wir die Zufahrtsstrasse  zum Etosha National Park passiert, wird die Gegend bevölkerungsreicher. Kleine  Siedlungen mit Wellblechhütten säumen die Strasse. Jede zweite Hütte ist eine "Bar"  mit so  phantasievollen Namen wie "Buda Pest Bar",  "Las Vegas Bar" oder "One Leg Bar". Auch eine "Holliday  Inn Bar" und eine "Kilimatschalo Bar" gibt es (der Verschreiber  stammt nicht von uns). 
  
  
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    Wenn ich gross bin, werd' ich eine Tankstelle  | 
    
  
 
   Etwa 100 Kilometer vor der Angolanischen Grenze ändert die  Vegetation. Es hat nun sehr viele Palmen, die Landwirtschaft wird intensiver  und allgemein sieht alles etwas grüner aus. Weite Landstücke sind überflutet  und wo die Strasse tiefer liegt, ist der Asphalt weggeschwemmt und es hat  grosse Löcher. Dann wird der Verkehr nochmal stärker, die Staubwolken dichter  und die Menschen zahlreicher. Die Dörfer erstrecken sich  kilometerweit neben der Strasse und gehen fast nahtlos ineinander über, ballen  sich zu Städten zusammen und ziehen sich wieder auseinander. Das ordentliche,  immer noch ein wenig deutsch geprägte Namibia scheint weit weg –hier ist  Afrika! 
  
  
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    Irgendwo vor Oshikango  | 
    
  
 
   Um 13 Uhr erreichen wir die Grenze. Das Namibische Prozedere  ist uns bekannt und kein Problem. Aber dann Angola! Wir waren ja schon an  vielen Grenzen und haben es immer irgendwie geschafft. Aber an dieser Grenze  scheint kein Mensch englisch zu können und wir beide können halt kein  Portugiesisch. Nach dem zweiten oder dritten Schalter mussten wir aufgeben und  einem der vielen aufdringlichen "Führer" durch den Grenzdschungel  folgen. Den Geldwechsler hatte er praktischerweise auch gleich dabei und so  trotteten wir hinter den beiden von Schalter zu Schalter, von einem Ende des  Grenzgeländes zum Anderen, wechselten in einer dunklen Ecke Geld, mussten das  Auto zwei Mal durchsuchen lassen und das Ganze bei weit über 30 Grad am  Schatten. Das Schlimmste aber ist der intensive Körpergeruch der meisten  Menschen! Und man ist immer von vielen Menschen umringt – es war kaum  auszuhalten! Wir beobachteten auch, wie einer der Polizisten einem zufällig  vorbeikommenden Mann eine Flasche mit Mineralwasser abnahm, nur um sich mit dem  Wasser die Hände zu waschen. Wir haben ja schon von verschiedener Seite gehört  und gelesen, dass die Willkür hier unter den Beamten leider immer noch weit  verbreitet ist – einen kleinen Geschmack davon haben wir heute erhalten. Nach  zähen Preisverhandlungen (schliesslich hatten sie beim Geldwechseln schon  kräftig abkassiert) wurden wir auch unsere beiden Schlepper los und hatten es  dann geschafft - wir waren in Angola. Aber nur für 15 Sekunden, solange wir  halt brauchten um das Auto zu wenden und wieder unter dem Schlagbaum  durchzufahren.  
   Aus Angola auszureisen war etwas einfacher als einzureisen. Eine  Schrecksekunde hatten wir nur als man uns erklärte, dass wir nicht am gleichen  Tag einreisen und wieder ausreisen dürfen. Aber da hatten wir den einzigen  hilfsbereiten, englisch sprechenden Beamten schon kennen gelernt und dieser  verhalf uns schliesslich zum Ausreisestempel. Das Ganze dauerte über drei  Stunden, aber jetzt haben wir ein neues Carnet de Passage abgestempelt, welches  wieder ein Jahr gültig ist. Das ist halt der Preis den wir bezahlen, damit wir  unsere Rosinante hier haben können. 
 
   Es war bereits 17 Uhr, kurz vor Sonnenuntergang und wir  beeilten uns, die nächste Stadt zu erreichen. Deshalb fuhr Zoltan auch etwas  schneller als erlaubt. Tara meinte noch "Hier ist aber 60" und Zoltan  gab zurück "Na und?" als es schon blitzte und wir an den Strassenrand  gewunken wurden. Ein sehr freundlicher Polizist hielt Zoltan eine Standpauke  (wir hatten immerhin 87 statt der erlaubten 60 auf dem Tacho), fragte, wie das  in unserem Land so sei und dass das auch hier in Namibia gelte und liess uns  dann aber mit einer Ermahnung weiterfahren. Uff…. 
     
  
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    Viele Dörfer im Norden sind überschwemmt  | 
    
  
  
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    Aber dafür gibt es frisches, saftiges Grün  | 
    
  
Zum Glück gab es in der nächsten Stadt ein  einigermassen komfortables Hotel, denn nach diesem Tag wünschten wir uns nur  noch eine Dusche und ein ruhiges Zimmer mit Klimaanlage. Auf die Speisekarte  des Restaurants hatte sich sogar ein Eisbein mit Sauerkraut verirrt und da  liess sich Zoltan nicht zweimal bitten… 
     
   
  
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